Wer hat hier eigentlich das Sagen? – Hackordnung bei Hühnern
Im folgenden Blogbeitrag berichtet Frau Dr. Sewerin über die Rangordnung bei Hühnern. Frau Dr. Sewerin ist Tierärztin und hat über Hühnerhaltung promoviert. Somit hat sie einige Tipps für uns parat, wie wir dieses Wissen bei unseren Hühnern anwenden können.
Die Hackordnung
Hühner leben gemeinsam in kleinen Gruppen und bilden untereinander eine Hack- oder Rangordnung. Möglich ist dies nur, weil sie sich untereinander erkennen. Dies geschieht hauptsächlich über das Gesicht mit Kamm und Kehllappen. Die Sozialstruktur der Hühner lässt einige Parallelen zu unserer menschlichen Gesellschaft zu. Auch wir Menschen leben in Gemeinschaften mit klaren Hierarchien (Chef – Angestellter, Eltern – Kinder, Lehrer – Schüler).
Man könnte meinen, das größte, stärkste Huhn habe automatisch die Chefposition inne, aber die Struktur der Hackordnung ist sehr viel facettenreicher. In der Regel steht der Hahn an erster Stelle. Ältere Tiere kommen im Rang in der Regel vor jüngeren. Das Verhältnis des ersten Lebensjahres bleibt innerhalb eines Jahrganges bestehen. Abhängig von den Umständen wie Charakter und Art der Eingliederung landen Neuankömmlinge oftmals an der unteren Stelle. Ihnen fehlt meist der Mut, sich in der ungewohnten Umgebung gegen die vielen, fremden Tiere durchzusetzen. Es kommt übrigens häufiger vor, dass gerade das Tier in unterster Position hart gegen Neuankömmlinge kämpft, um nicht noch weiter abzusteigen, während das ranghöchste Tier generell eher souverän und gelassen wirkt. Hat man mehrere Hähne in seiner Hühnerschar, so bildet sich ein kompliziertes Gefüge: Es entstehen separate Rangordnungen jeweils für die Hennen, für die Hähne sowie nochmals eine zwischen Hennen und Hähnen. Grundsätzlich müssen die Rangordnungen nicht linear sein. So kann Huhn A über Huhn B und Huhn C stehen, B über C, aber C über A. Um in einem solch komplexen Sozialgefüge leben zu können, benötigt das Huhn ein beachtliches Maß an Kommunikationsfähigkeit sowie an Intelligenz.
Nutzen
In einer stabilen Rangordnung weiß jedes Tier, wie es zu dem jeweilig anderen Tier steht. Der Vorteil ist, dass nicht jedes Mal neu um Ressourcen (Futter, Wasser, Schlafplätze, Legeplätze; Paarung: dies für den Hahn zutreffend) gekämpft werden muss – ranghohe Tiere haben Vorrang. Auf diese Weise müssen die Tiere zum Beispiel nicht immer wieder streiten, wer zuerst fressen darf. Entweder das rangniedere Tier weicht von alleine zurück, sobald ein ranghohes Tier zum Futternapf kommt, oder aber es reicht ein kurzer Drohblick des Ranghöheren ohne Angriff aus, um das rangniedere Tier zum Ausweichen zu bringen.
Sie wollen feststellen, wer das Sagen hat?
Beobachten Sie Ihre Hühner doch morgens am Futternapf! Wer geht weg, wenn wer hinzu kommt? Wer pickt wen? Wer lässt sich von wem picken? Wer wird gar nicht gepickt? Auch wenn ranghohe Tiere Vorrang beim Futter haben, so passiert es dennoch, dass rangniedere Tiere bei unwiderstehlichen Leckerlis versuchen, durch geschickte Schnelligkeit ein paar verführerische Happen zu erhaschen.
Was können wir tun?
Um Hühnern das Zusammenleben unter unseren vorgegebenen Bedingungen zu erleichtern, sollten wir ihnen mehrere Futter- und Wasserstellen mit genügend Abstand anbieten, so dass auch rangniedere Tiere ohne Stress zum Zuge kommen. Wieviele Sie brauchen, hängt davon ab, wie viele Hühner Sie haben, wie verträglich sie sind und wie breit die Näpfe bemessen sind. Beobachten Sie Ihre Lieblinge! Können alle gleichzeitig fressen? Oder laufen einige außen herum, ohne etwas abzubekommen? Bleiben ihnen nur die verschmähten Reste übrig? Dann verteilen Sie das Futter weitflächiger.
Wie Sie sicher schon feststellen konnten, möchten Hühner am liebsten alles gleichzeitig zusammen unternehmen (allelomimetisches Verhalten genannt). Frisst eines, fangen alle an zu fressen. Fängt eines an, sich zu putzen, putzen sich kurze Zeit später alle gemeinsam. Auch Ruhen findet gemeinsam statt. Bitte bieten Sie daher für alle Tiere ausreichend Sitzstangen an! Aus gleichem Grunde sollte die Sandbadestelle so bemessen sein, dass alle Hühner – das rangniedrigste inklusive – gemeinsam sandbaden können.
Der Auslauf muss mindestens so groß und breit sein, dass die rangniederen Tiere ohne Probleme ausweichen können. Auch hierfür sind Sitzstangen, aber insbesondere auch Versteckmöglichkeiten unter Büschen oder niedrigen Verschlägen wichtig. Die Hühner nutzen die Verstecke nicht nur, um sich einmal aus dem Weg zu gehen, sondern auch, um sich vor Raubtieren zu schützen. (Selbst wenn die Voliere von oben geschlossen ist, brauchen Hühner für ihr Sicherheitsempfinden ein Versteck im Auslauf.)
Setzen Sie möglichst nie ein einzelnes neues Tier in eine bestehende Gruppe. Geben Sie mindestens zwei Tiere hinzu – diese werden dann in der Anfangszeit zusammen laufen, bis sie vollkommen integriert sind. Und setzen Sie nicht ständig neue Tiere in Ihre Gruppe! Das bringt die Rangordnung durcheinander und schafft viel Unruhe. Am besten ist es, lieber auf einen Schlag mehrere neue Tiere behutsam einzugewöhnen statt alle paar Wochen eines.
Hält man eine kleine Gruppe Hennen (wie beispielsweise im Eglustall), sollte man hier nie mehr als einen Hahn haben, um Auseinandersetzungen der Hähne untereinander zu vermeiden.
Fazit
Auch wenn die Hackordnung hart klingen mag, sie schafft klare Regeln, die das Zusammenleben erleichtern. Aber: Hühner bilden auch feste Freundschaften untereinander! Dazu in einem der nächsten Blogbeiträge mehr!
This entry was posted in Hühner